Heilige Hügel mit Naturschutzwert - Der „Weinberg“ bei Unterpreilipp

Ausgerechnet zwei Hochspannungsmasten sind es, die diesen geschichtsträchtigen Ort heute krönen. Und auch die modernen Zweckbauten, die vom Industriegebiet Schwarza herübergrüßen, gehören nicht unbedingt zu den ästhetischen Glanzstücken zeitgenössischer Architektur. Trotzdem kann man den „Weinberg“ bei Unterpreilipp, der 2002 als „Geschützter Landschaftsbestandteil“ ausgewiesen wurde, getrost noch immer zu den schönsten und sehenswertesten Abschnitten der Saale in unserem Landkreis zählen.

 

Schon die geologische Ausstattung des Gebietes zeichnet sich durch Besonderheiten aus. Auf engstem Raum sind hier nebeneinander Formationen des Unteren Muschelkalkes sowie des Mittleren und Oberen Buntsandsteines zu finden. Aus Naturschutzsicht besonders interessant sind dabei die flachgründigen, basischen Böden des Muschelkalkes. Sie kommen im östlichen Teil des „Weinberges“ vor, während die tiefer gelegenen Partien dicht an der Saale durch den Buntsandstein geprägt sind.

Uralt wie die Steine sind auch die Besiedlungsspuren, die unsere frühen Vorfahren zwischen den markanten Kuppen hinterlassen haben. Deren Flurstücksbezeichnung lautet noch heute „Heilige Hügel“ und reicht vermutlich weit bis in das erste vorchristliche Jahrtausend zurück. Denn aus dieser Zeit stammen Grabungsfunde, die man dort im vorigen Jahrhundert entdeckt hat. Einfaches Werkzeug, Bronzeschmuck, Holzasche und Gefäßscherben, die am Rande eines alten Steinwalles im Untergrund verborgen waren.

Die mystische Bedeutung des Ortes überlebte nicht nur im Flurnamen, sondern auch in der Märchenwelt des Volkes. So erzählt Ludwig Bechstein 1853 in seinem „Deutschen Sagenbuch“ von dem „gräulichen Wassermann“: Am Fuße des Berges, so hieß es, hause er in der Saale und ernähre sich von den Kindern, die ihm seine geraubte Menschenfrau gebären müsse

Flinker Mini-Drachen: Die Zauneidechse (Photo: Sander van der Molen)

Später begann man auf den steilen, trockenwarmen Südwesthängen entlang des Flusses Wein anzubauen. In großer Menge und sicher in besserer Qualität als im benachbarten „Essigtal“. Schon bei der ersten schriftlichen Erwähnung der beiden Preilipp-Dörfer in einer Urkunde aus dem Jahr 1074 ist vom Weinbau die Rede. Er sollte rund achthundert Jahre fortdauern. 1834 wurden in Preilipp und Obernitz zusammen rund zehntausend Liter Wein gekeltert, und zwar ohne jenen, der nur für die Essigherstellung zu gebrauchen war. Die merkwürdige Zusammenfassung der genannten Orte in der Statistik resultiert übrigens daher, dass Preilipp nicht zum Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt gehörte, sondern - ebenso wie Obernitz - zum Herzogtum Sachsen-Meiningen.

Im Parfum und im Grappa: Die Weinraute (Photo: Kurt Stüber)

Nur wenig später bereiteten Reblaus und Mehltau der jahrhundertelangen Tradition dann ein Ende und zwangen die Bauern, ihre Bewirtschaftung umzustellen. Zur wichtigsten Nutzung wurde nun die Beweidung mit Schafen und Ziegen. Was blieb, waren Terrassen und Trockenmauern, floristische Relikte wie die Weinraute oder der Weinbergs-Träubel und wärmeliebende Tierarten wie die Zauneidechse. Selbst der in Thüringen vom Aussterben bedrohte Wiedehopf konnte in der unmittelbaren Umgebung des „Weinbergs“ schon beobachtet werden.

Schöner Stinker: Der Wiedehopf (Photo: Keta/Wikipedia)

Aufnahmen aus den fünfziger Jahren zeigen die Hänge und Kuppen noch als eine fast kahle Landschaft. Doch die völlige Einstellung der Nutzung in weiten Teilen und die natürliche Sukzession (Aufeinanderfolge verschiedener Pflanzengesellschaften) haben seitdem eine deutliche Veränderung herbeigeführt. Verstärkt wurde sie in der jüngsten Vergangenheit durch den Eintrag von Stickoxiden aus der Luft (die eine ständige und übermäßige Düngung verursachen) und nicht zuletzt durch die Ausbreitung eingeschleppter Pflanzenarten. Größere Partien der ehemals offenen Halbtrockenrasen sind inzwischen mit Buschwerk zugewachsen und auf den feuchteren Abschnitten entlang der Saale droht die Kanadische Goldrute die einheimische Vegetation zu überwuchern.

Zusammen stellt all dies eine ernsthafte Gefahr für das in tausend Jahren gewachsene Landschaftsbild dar und lässt viele der vorkommenden Tier- und Pflanzenarten um das nackte Überleben ringen.

Europaweit geschützt: Die spanische Flagge
(Photo: Rosenzweig/Wikipedia)

Wir, der Kreisverband des BUND möchten den drohenden Verlust nicht einfach hinnehmen. Gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises suchen wir deshalb nach Möglichkeiten, dieses Kleinod unserer Region auch für zukünftige Generationen zu erhalten. Und wir suchen nach Menschen, die bereit sind, sich an dem Projekt zu beteiligen. Sei es durch gute Ideen, sei es durch alte Photos und Texte, sei es nicht zuletzt durch den tatkräftigen Einsatz von Säge und Sense.

Mehr Informationen erhalten Interessierte unter der E-Mail-Adresse gerhard.goldmann@bund.net oder der Telefonnummer 03672 - 41 20 04.

Das Baumregister

Im Januar 2007 tobte der Orkan Kyrill durch die Wälder und Stadtparke unseres Landkreises, und richtete große wirtschaftliche aber auch ökologische Schäden an. Im besiedelten Gebiet rund um Rudolstadt ist aber nach wie vor der Mensch das größte Wachstumshindernis für eine intakte "grüne Lunge". Trotz der bis 2007 existierenden Baumschutzsatzung wurden hier im Zeitraum von 2000 bis 2011 fast 2500 Bäume gefällt. Dabei wurden weder kranke noch schwer von Sturm und Schnee beschädigte Bäume gezählt. Alle Bäume wurden nach Kriterien der gültigen bzw. letzten gültigen Baumsatzung (d.h. ein Stammumfang von mindestens 30 bzw. 50 cm) gewertet.  

Unser Mitglied Andreas Rietschel hat nach persönlichen Beobachtungen und langjährigen Aufzeichnungen eine Liste aller im letzten Jahrzehnt im weiteren Stadtgebiet gefällten Bäume erstellt. Obstbäume und Friedhofsbäume wurden hier ebensowenig registriert wie Totholz. 

Jahr:                   Anzahl:

2000                     78

2001                   286

2002                   263

2003                   121

2004                   165

2005                   316

2006                   172

2007                   106

2008                   249

2009                   179

2010                   183

2011                   314 

Anmerkung:

Gelistet wurden nur persönlich identifizierte Bäume. Die jeweilige Dunkelziffer dürfte daher weit höher liegen. Es wurde zudem keine Unterscheidung von Laub- und Nadelgehölzen getroffen.

 

 

 

 

 

 

 



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